Freitag, 27. April 2018

Von Güterzügen, Klettertürmen und Eistüten

Heute streift der Bürger M. mal über einen der interessantesten und spannendsten Flecken hier bei uns in der bronxx, den ehemaligen Güterbahnhof und heutigen Westbahnhof.

Bis Ende der Achtziger Jahre wurden hier Güter verladen und umgeladen. In den Neunziger Jahren wurde der Güterbahnhof endgültig aufgegeben, es gab keine Verwendung mehr für ihn. Die Industrie drumherum war über die Jahre immer weniger geworden. Ein Schrottplatz, ein Bauhof und diverse kleinere Betriebe waren danach noch ansässig. Zeitweilig auch ein Nachtclub in einem alten Kontor-Haus, das Fire-Abend. Die noch vorhandenen Gleise wurden rege als Schleichweg zwischen Hugo-Luther-Straße und Broitzemer Straße genutzt.
Die Jahre gingen ins Land und mit der Zeit verwaiste und verfiel das Gelände und wucherte fast vollständig zu. Ein neues Jahrtausend brach an, der politische Wind drehte und man erinnerte sich wieder an die zugewuchterte Industriebrache. Der Westbahnhof gehörte ab nun zum Bereich "Soziale Stadt" und sollte langfristig saniert und aufgewertet werden. Wer den Zustand von 1998 mit dem heutigen Zustand vergleicht, der kommt aus dem Staunen kaum heraus. Das Gleisbett wurde zum ersten Teil des Ringgleis, welches in Zukunft einmal ganz Braunschweig umspannen soll. Die sogenannte Fliegerhalle wurde zu einer Kletterhalle umgebaut und nebenan steht Deutschlands größter Freikletterturm. Eine IT-Firma hat ihren Campus mit modernen Arbeitsplätzen dort gebaut, ein Bolzplatz und ein Skaterplatz sind entstanden und in Zukunft wird dort auch ein schmerzlich vermisstes Veranstaltungszentrum stehen. Einen großen Gemeinschaftsgarten gibt es auch noch. Ein großes, buntes und wuseliges Durcheinander.

Und mittendrin in dem ganzen Gewimmel thront ein kleines Büdchen. Kaum größer als ein Abstellraum aber mit einem riesigen Schild auf dem Dach. Coney Eisland. Und aus dem Eisland heraus grüßt Michael. Er darf sich rühmen, das leckerste und individuellste Eis in der Waffel von hier bis Lamme feilzubieten. Milch-Rosmarin-Honig, Ingwer-Limette, das sensationelle Black Mamba um nur einige zu nennen. Immer einen flotten Spruch auf den Lippen, meistens für einen Schnack zu haben auf seiner kleinen Scholle mittendrin im bunten Treiben. Michael war einer der ersten der am Westbahnhof als "Neuer" ansässig wurde und sieht wie es jeden Tag weiter geht. Das Büdchen ist so etwas wie die Zentrale in dem Ganzen. Jeder der dort ist und zwischendurch eine Leckerei oder ein Getränk möchte, der landet zwangsläufig bei ihm. Geht gar nicht anders.
Wo hat man das schon, dass Menschen auf einem ehemaligen Bahngelände in einem Umkreis von fünfhundert Metern gärtnern, klettern, bolzen, skaten, in Co-Working-Places arbeiten und schnatternd am Büdchen stehen?
(Es gibt natürlich noch ein bisschen mehr, aber eure Neugier soll ja geweckt werden und ihr dürft euch dort gerne selber ein Bild machen.)
Es bleibt alles anders und es geht immer weiter, auch hier bei uns in der bronxx ...

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