Donnerstag, 12. April 2018

Häuptling Braune Feder

Also, eines ma gleich vorweg: Karl May hab ich nie gelesen. Ja, nee, lass ma, ich bin nicht so die Indianerbraut. Das ist nicht mein Gebiet.
Aber in meinem Gebiet, in meiner hood quasi, gibt es nun einen. Einen Indianer. Ohne Pferd, ohne Prärie, auch ohne Pierre Brice-Wildleder - Jacke, ohne Cowboy, ohne Totem udn wat nich noch alles bei müsste... Ob auch ohne Squaw? Das weiß ich nicht. Nur eins hat er: Federschmuck im spärlichen Haarteil. Ganze drei Gefiederteile in braun mit einem Hauch orange darin zieren seinen kleinen Zopf am Hinterkopf.

Ein Häuptling inne bronxx. Beim Einkaufen im vielzitierten Supermarkt unseres Vertrauens. Mit Sonnenbrille und Rucksack an der Kasse vor mir. Wild im Takt zappelnd packt er seine Ware aufs Band. Rhythmisch bewegen sich vor allem sein Kopf und sein Oberkörper in stakkato-haftem Tempo zur Musik. Nein, die Musik zum aninmierenden Kauf gibt diese Beats nicht her. Die kommen aus dem kabellosen schwarzen riesigen Kopfhörern auf seinen Ohren. Das ganze Männchen zuckt unaufhörlich auf dem Weg zur Kasse und ich werde schon beim Hinsehen ziemlich nervös bis fast verrückt.
Hyper hyper zu unsichtbaren Klängen und die Federn am Koppe gehen fleißig mit und halten alldem Stand. Was sein Warenkorb auf dem Weg zur Bezahlung so hergab, weiß ich nicht mehr. Ich merke mir ja sonst immer möglichst viele Details, aber mein nach außen verlagerter Tick im Sehnerv lenkte mich so ab und ließ mich alles vergessen. Sicher waren wieder irgendwie Brot und Bier am Start. Das WRG-Wochenend-Gedeck de luxe. 


Unter den Neuzugängen im Eingang entdeckte der Federnträger plötzlich einen Freund. Der kam ruckzuck zu ihm geflitzt und per wir-sind-wahre-Kumpels-Handschlag wurden sich die beiden schnell einig. Begrüßung anner Kasse und die Kopfhörer sitzen. Unterhalten mit dem Amigo und die Schaumstoffbeschaller sitzen immer noch perfekt. Ein Multi-Tasking-Indianer! Reden und hören in eins. Mein Mund stand sicher minutenlang offen bei soviel Talent da vor mir.
Und er geht natürlich auch gar nicht mehr zu, als ich die Unterhaltung der beiden ebenso inhaltlich abraffe:
"Alter, alles klar? Was geht, Alter?"
"Klar, Alter. Wochenende. Schön geraucht, dann abgefressen und dann ins Bett. Komplett geil, Alter."

Wer wer war bei der Unterhaltung war mal echt egal, merkt ihr selber, ne?! Auf jeden Fall bin ich jetzt mal schlauer: soo unendlich modern wie er tut isser gar nicht, unser Häuptling. Trotz Drahtesel, Bier und bluetooth-Micky-Mäuse braucht der Vorstadt-Indianer doch noch sein Friedenspfeifchen, gelle?
Na, da bin ich aber beruhigt, schön old-school der Squawerich. Bin ich froh! Und ich hatte mir schon Sorgen gemacht, dass da vom alten Schlag nichts mehr übrig ist außer de Vogelgefieder. Wäre ja auch schade, das ganze Zeuch nur für umme inne Haare gepiekt zu haben...

Nun wissta ma wieder bescheid, wie der Hase hier langhoppelt inne Prärie. Und ein Indianer kennt keinen Schmerz, dank der guten Pflanzengeister. Danach ab in Bett und man ist wieder highle. 

Großes Indianerehrenwort! Howgh!