Donnerstag, 30. November 2017

Es ist Rolf

Ab und an muss ich ja ma mit ins dicke B. Zusammen mit meinem Hase-Kumpel. Der fährt da nämlich ganz schön oft hin, gefühlt jedes Wochenende. Er hat dann Sehnsucht nach einer Art bronxx. Und, weil er nicht im WRG wohnt, braucht er dann woanders Auslauf. Größer, dreckiger, lauter, spraydosiger, künstlerischer und klebriger.
In unserer bronxx hier ist mehr so kleines dickes B, quasi BS als der kleine Bruder oder Cousin von Kreuzberg. Und da können wir hier schon mächtig stolz drauf sein, finde ich. 
All die Großstadt-Attribute bringen wir nämlich och mit, eben bloß kleiner und familiärer. Aber Kiez ist hier immer. Jeden Tag. Und klebrig isses auch vor Ort. Nur, die Männer vonner Stadt kommen rum und fummeln alles wieder ab. Einmal im Jahr werden alle Klebeflächen und solche, die es irgendwie ganz unverhofft geworden sind, gereinigt. Das heißt: Einsprühen, einweichen, abkratzen, sauber. Und wech sind all die schönen Botschaften, die lustig, witzig, polemisch, politisch, stylisch, kryptisch oder aber manchmal auch nur grottig hohl und plakativ daherkommen.

Doch, kaum haste Dich umgedreht, zack pinnen da neue Sticker. Fein säuberlich hingebappt auf die frisch freie Fläche am Laternenpfahl, dem Stromkasten, Kaugummiautomaten oder eben da, wo es sonst noch dem Stickermann am Folien-Abreiß-Finger zuckte. Meist kommen sie in Trupps. Mit extra Vorrichtungen zum Anbringen à la Paketklebeband-Abroller... Kommt überall hin, auch an die Stellen, wo die Stadtreinigung die Leiter bräuchte. Darüberhinaus ist es ne saubere Sache und sichert die Exklusivplätze unter den oberen Zwölf... Is klar!

Wenn man mal aufmerksam durch die bronxx schlendert, sieht man sie alle. Nur einer fehlte hier noch bei uns. Der Rolf. Der aus dem dicken B. Der Sticker-König mit dem Schnauzer. Rolf le Rolfe. Der, der auffer Stickermesse ein schönes Set feilbot, das ich im Sommer vom Hasen (ja, nee, nicht Ostern, sondern der ganz oben, wenn ihr Euch erinnern möchtet) geschenkt bekam. Und jetzt liegt Rolfi hier und will inne bronxx einziehen. Ein hübsch klebriges Plätzchen soll er bekommen. Am besten inne Sch-straße. Eine Bleibe deluxe. Und das WRG wird dann noch ma richtig richtig aufgewertet. Zuwachs und hoher Besuch zugleich. 

Und deswegen gehe ich nachher gleich ein bißchen eher nach unten und werde ein schönes Plätzchen finden. Ursprünglich wollte ich ihn beim schwarzen Peter vorm Atelier hinstickern. Ging aber nicht, weil Opa immer alles abfummelt und das geht so nicht.
Nun kommt der Kleber eben bei mir inne Straße. Denn, das ist nicht dem Opa sein sondern mein Revier. Und, wenn einer fragt, was das fürn Sticker ist... Keine Angst, steht drauf: Es ist Rolf ihr N***en. Also, wissta bescheid. 
Er ist da. Hier bei uns inne bronxx...

Donnerstag, 23. November 2017

Demeter, Eros und der Möbelwagen

Nicht nur um den Fränki herum gibt es spezielle Menschen und unerklärliche Phänomene, auch rund um dem Rudi tut sich bisweilen Sonderbares (den Rudolfplatz hat wahrscheinlich noch nie jemand 'Rudi' genannt, aber wo ein Fränki ist, da ist ein Rudi nicht fern. Wir wollen ja schließlich 'im Bild' bleiben. Es muss ja alles seine Ordnung haben, nech?).
 
Ach so, Bürger M. hier. Ich gebe jetze auch mal meinen Senf dazu. Als Eingeborener muss man ja auch was dazu sagen und nicht nur die Zugereisten plappern lassen. Wir können das nämlich auch ganz gut.
 
Man kann ja an vieles glauben oder auch nicht, aber manchmal gibt es Dinge die sich mit Zufall oder sonstiger Theorie nicht erklären lassen. Um es kurz zu machen: In der Wohnung gegenüber auf der anderen Straßenseite im dritten Stock muss es ein kosmisches Fruchtbarkeitsfeld der Demeter (der Fruchtbarkeitsgöttin; nicht die mit den schrumpeligen Äpfeln) geben oder ein sonstiges die Paarung und Vermehrung begünstigendes Phänomen. Anders ist das nicht zu erklären. Wie ich darauf komme? Aaalso ....
 
Ich zog vor gut acht Jahren in meine jetzige Wohnung und erfreute mich vom ersten Tag an über die großzügige Aussicht vom Balkon. Ins Nachbarhaus zog kurz nach mir ein junger Mann ein, die Wohnung liegt direkt gegenüber von meinem Balkon. Der Nachbar blieb nicht lange allein. Zwei, drei Monate später gesellte sich eine Freundin dazu, drei Jahreszeiten später waren sie zu dritt und zogen kurz danach aus.


Dann zog eine junge Frau in die Wohnung, zu der sich wieder schnell ein Mann gesellte. Ein Jahr später wehten auf dem Balkon die Babystrampler im Wind und der Umzugswagen stand wieder vor der Tür. Dann kam wieder ein junger Mann .... ihr kennt das Spiel. Vor zwei Monaten war das Umzugskommando wieder vor Ort. Ein paar Tage später konnte ich dem Zugezogenen und seiner Freundin unfreiwillig beim 'Einweihen' der Wohnung zusehen. Das kommt davon, wenn man keine Vorhänge anbringt, Festbeleuchtung an hat und die Balkontür offen lässt. Akustisch feierten sie eine Messe zu Ehren des Eros und das mit Wonne mit Hingabe (Ist bei uns so üblich. Im Tanzstudio um die Ecke sogar noch mit exotischer Musik. Die Stammleser erinnern sich und wissen Bescheid.). Wie es mich die Vergangenheit lehrte, gehe ich davon aus, dass im nächsten Herbst erneut gegenüber ein Möbelwagen vor der Tür steht.
 
Vielleicht gehe ich mal rüber und klingele und weihe die beiden in ihr Glück ein. Man hilft ja gerne bei der Planung. Und planen muss man ja, auch hier bei Rudi, nördlich der bronxx ...

Donnerstag, 16. November 2017

Bürger M.



So, da isser nu endlich. Quasi Eingeborener und ganz alter Hase inner bronxx und im WRG und janz neu im blog. Als Gastautor. Tusch, Vorhang auf für... Bürger M.!
Pseudonym muss sein, nech? Haben wir ja ma so ganz gerne und ihmchen kriegt auch eins.

Und das Ganze kam dann übrigens so: schon lange haben wir nach stories von Euch gesucht. Aber irgendwie wollte immer keiner so recht... Das war schon ne ganz schön anstrengende Kiste und Warterei. Aber eines schönen Herbstabends, ich war zum Bierchen genießen in meiner Lieblingsbar verabredet - mit Bürger M. natürlich -, kam eben jener so ganz beiläufig auf den blog hier zu sprechen. Ob wir denn noch suchten und ob er mir mal eben fix eine Idee für eine Geschichte im Groben erzählen dürfte? Innerlich jubelte alles in mir. YEAH! Endlich isses soweit und es würde gut werden, das hatte ich im Gefühl. Tja, und der Rest fügte sich dann auch: Geschichte gehört, für gut befunden. Dann schick mal per Mail ein und dann zeige ich sie dem schwarzen Peter und wenn er das auch chic findet, geht die Post ab. Nämlich raus inne Welt, innen blog, dann gibt es aufs Auge von ihm und von uns.

Zwei Tage später oder war es noch schneller, hatte ich bereits die Nachricht im virtuellen Postkasten. Fix isser, der Bürger M. Rohentwurf, der Probeschluck sozusagen. Kurze Zeit später kam dann noch'n Foto hinterher. Beweislasten. Nach wiederum weiteren achtundvierzig Stunden folgte der Beitrag. Fertig abgemischt zum Drüberlesen und Schicken an den Kritzler. Es gibt ja keine Zufälle sondern nur Schicksal und Herzmagneten und Anziehungs-wünsch-Dir-was. Ihr kennt das... jedenfalls stand der schwarze Peter beim Wochenendeinkauf plötzlich mit seinem Gothic-Schirm vor meiner Nase und grinste mich an. Schnell die neuesten Neuigkeiten verhackstückt, Bürger M.s Nickname gebrainstormed und dann stand die Nummer eigentlich auch.


Jetzt kanner inner nächsten Woche hier loslegen. Fresh und direkt aussem WRG. Da wohnt er nämlich und das schon recht lange. Ein kluger Kopf, ordentlich Spaß anne Backen, sehr belesen und auch als Braunschweiger recht aktiv in der ortskundigen Gruppe in den sozialen Medien.
Dann würde ich sagen, kann losgehen, Bürger M. Mach uns ne Ansage! Wir freuen uns und sind gespannt auf Dich, hier bei uns inne bronxx und wohl auch ganz sicher noch mehr da draußen anne Bildschirmgeräte.




Donnerstag, 9. November 2017

Macht hoch die Tür

Da sitze ich am letzten Sonntag drömelig auf meinem Sofa rum, sinniere über die Welt und gammele ab. Das Fenster im Wohnzimmer ist auf Kipp. Ma lüften hier das Ganze. Aber nicht zu lange, denn es ist schon reichlich külle da draußen. Winter, wie ich finde. In meinem Kopp und Körper ist noch September und ich komme nicht hinterher. Friere mir den Hintern ab da draußen, sehe noch nicht ein, die Winterjacke aussem Schrank zu puhlen und zu früh zu dunkel ist es ja eh.

Hier drinnen ist es gemütlich: Kerze brennt, Decke über Bauch, Beine und Po. Und wie ich da so liege, dringt durch den Fensterspalt Klaviermusik von draußen herein. Ich halte einen Moment inne und lausche. Das ist echte Musik. Nix von CD, Platte, Radio oder Kassette. Nee, auf jeden Fall mal ganz selbstgemachte Mucke, handgemacht sozusagen. Das höre ich am Klang, an den Pausen zwischendurch und am Anschlag. Und nein, es ist nicht der Nachbar mit dem Keyboard und den Songs aus der Synthesizer-Dauerschleife. Das Ding war lange ruhig, fällt mir da mal gerade so auf.

Was da gerade zu hören ist, ist richtige gute Klaviermusik. Die Finger da nebenan, wissen, was sie tun und jetzt ist Übungsstunde. Eine Stunde darf man inner Woche einem Hobby nachgehen, ohne dass einer oder eine was dagegen haben oder sagen kann. Is also erlaubt quasi. Für meine Ohren klingt es äußerst angenehm und ich ertappe mich dabei, wie ich mitsumme... 
Stück für Stück kommen mir sogar Worte dazu in den Sinn. Ja, es ist ein Lied, das ich irgendwo her zu kennen scheine. Nach ein paar Minuten wird ein Ohrwurm daraus. Ich kann mich irgendwie so gar nicht dagegen wehren... 
Als ich etwas später in die Küche gehe, singe ich ihn noch immer. Draußen ist schon lange Ruhe, die Stunde scheinbar vorbei, mein Fenster wieder zu und ich habe die Melodie immer noch im Kopf.
Aber, glaubste ich komme darauf, wie dieses verdammte Lied, heißt?! Nö... Boah, und wenn de denn so verzweifelt am Rumgrübeln bist, das ist nicht witzig. Aber mir fiel es partout nich ein. Fast der gesamte Text kam mir hoch, aber weder die Titelzeile geschweige denn der Refrain.
Ich nahm mein Gegrübel dann auch brav mit ins Bett.Und, was soll ich sagen, es kam wie es kommen musste. Ihr kennt das... Am nächsten Morgen wachste auf und zack, weißte das Lied. Mit allem Drum und Dran. So, und genau so... Ich wusste es, auf einmal. Und ich war schockiert. Erstens: eins aussem Gesangbuch. Dabei habe ich doch diesem Verein abgeschworen. Schon seit Jahren. Aber: Frau Kletterrose war als Jugendliche mal Alt-Trompeterin (Trompetistin... oder watt weiß ich, wie sich das nun richtig schimpft) innem Posaunenchor. Das hinterlässt halt Spuren, gell?! Ob de willst oder nicht. Zweitens: voll das Weihnachtslied. Ja, echt ma: Macht hoch die Tür... Das ist dann schon mal janz die Heiligabend-Abteilung, aber die richtige, so 18:00 Uhr und so. Hauptverkehrszeit, mitten im Schlimmen.


Ach ja, ihr merkt schon, egal ob de inne bronnx wohnst, oder nicht, erstens kommen die Kirchenlieder und zweitens auch noch Weihnachten. So sicher wie das Amen inne Kirche. Trotzdem.
Dann macht ma das Tor weit hier im WRG, in sechseinhalb Wochen isset soweit... Hilfe!



Donnerstag, 2. November 2017

Süßes oder Saures

Süßes oder saures... Boah, ey, ich hasse diese Worte. Ehrlich. Also, tut mir jetzt leid, liebe Kinder, aber ich bin es nicht. Sauer ja, aber süß nicht und ich mag diese Floskel nicht. Zu meiner Zeit und so weiter und so fort gab es das gar nicht. Da hatten wir Matten Herrn und fertig war es. Sankt Martin. Im November hieß das Tüte untern Arm, bimmeln, Lied singen und dann kam alles das in die Tüte: Geld, Äpfel, Nüsse, Kekse, Bollos und so. Nix mit Maske und so'ne Kurztextfrage. Quasi die Whatsappmartinsgruppe der Neuzeit...
Richtig schön alte Schule, wie Mutti es mochte.

Na und heute? Gruselmaske kaufen oder aufmalen lassen vom großen Bruder, Tüte oder Beutel inne Hand, mit den anderen Kids los, Handy inner anderen Pfote und dann gib ihm. Und seit Jahren bin ich dann nicht zuhause, vergesse es oder warte - wenn dann doch mal - vergeblich auf den Gesang.


Vorgestern war ja wieder der Tag der Tage. Die Horrorkids sind los. Ich hatte an dem Abend eine private Veranstaltung bei mir geplant und das süßsaure völlig außer acht gelassen. Gen Einbruch der Dämmerung fiel es mir dann wieder ein. Ach herrje, zig Leute kommen nachher in meine Hütte, klingeln alle und ich frage ja bekanntlich auch nicht an der Gegensprechanlage nach, wer da zwei Stockwerke tiefer um Einlass bittet... Da war ich plötzlich echt aufgeschmissen, den statt der erwarteten Gästeschar könnten es eben auch genausogut die geschminkten Nichtsingekinder sein. Was tun? Und noch schlimmer, wenn dann das geplante Szenario in meinen Wohnzimmer ständig vom Gebimmel der Klingel unterbrochen werden würde.
Ich war nervös. Nix süßes im Haus, was vor und dann das noch.
Zu meinem Glück denkt man inner bronxx ja wieder mal herrlich mit und ist auf Muttis Seite. Seit Herbstanfang werden hier nämlich kategorisch in jeder Straße gar nicht erst die Lampen angeknipst beim Dunkelwerden. Nee, wir müssen sparen und die bronxxer haben eben auch noch Weihnachstlatüchten ganzjährig inne Auslagen bammeln und da machste ma das große Licht gefälligst aus.
So, und an dem Tag kam mir das mehr als gelegen, denn Kinder und stockdunkel is nüschte...

Um 17.30 Uhr war es dann soweit. Es läutete bei mir. Ich dachte so:"Oh, der erste Gast ist aber früh." Ich nur halb fertig ausser Maske ohne Schuhe anne Gegensprechanlage. Schlau, gell? Aber kein Ton und Bild ja eh nich. Dann kurz gehorcht. Stille vor der Wohnungstür gleich Luft rein gleich scheint wohl wirklich der Gast zu sein. Tür auf... und... SÜßES ODER SAURES...BÄMM! Oh nee, ey, voll erwischt. Nein, aber Mutti ist nicht ausgeflippt. Lächeln, einfach lächeln. "Ähäm. ich muss erstmal gucken, wo und ob ich was habe. Ich habe gar nicht mit Euch gerechnet." Sie nicken und strahlen mich an. Makeup sitzt und eigentlich sehen sie auch ganz lieb aus. Nicht zickig oder fordernd.
In Sekundenschnelle gehe ich meinen Vorrat an Schoki durch. Shit, muss ich was opfern, nützt ja nu nischt...
Pese durch die Butze und suche. Puh, gefunden, wieder raus anne Tür und für jeden eine Haselnusschnitte in den Beutel. Die guten. Sie bedanken sich sogar. Gucken mich immer noch groß an. "Sind Sie das da auf dem Plakat an der Wand?" Sie deuten auf meine Auftrittsplakate.  "Ja,nur jetzt sind meine Haare kürzer", antworte ich. Staundende Kinderaugen und Münder raunen ein "Oooohhhh toll!" und zack flitzen sie die Treppe rauf zum nächsten.

Ach, irgendwie sindse doch süß und ich war gar nicht sauer. Und später kam auch gar keiner mehr. Geschafft. Es ist durch für dieses Jahr, hier bei uns inne bronxx!