Donnerstag, 17. Dezember 2015

Hinterhaus-blues


Damals, als ich dringend aus meiner anderen Wohnung ausziehen musste, suchte ich händeringend eine neue Bleibe. Garten wäre schon schön, dachte ich, Balkon muss nicht. Nee, besser nicht.

Irgendwie war alles ganz knapp in der Zeit, es blieben nur noch 10 Tage und da wurde ich – natürlich zufällig – in diese Wohnung im WRG geführt.
Es hieß: hinter dem Haus ist ein kleines Stück Garten. Das Stück ist winzig, jedenfalls das, was wir nutzen dürfen. Das andere Stück, was der Hausmeister sich nehmen durfte, ist dagegen riesig. Tja, aber leider auch abgetrennt und eingezäunt. So muss uns denn die kleine Rasenfläche reichen.
Meine Nachbarn über mir haben seit einigen Jahren unten an der hinteren Hauswand eine Art Minischrebergarten angelegt. Wir haben da auch schon mal zusammen gegrillt und im Sommer kann man dort bequem auf einer Decke liegen.
Und Wäscheleinen sind auch da und Kletterrosen. Wer hätte das gedacht?!

Alles in allem idyllisch, eine kleine grüne Ruheoase mit Kräuter- und Gemüsetopfbeeten. Ein Plätzchen, dass all dem Merkwürdigen hier trotz – inmitten der bronxx -.
Bis… Ja, bis… bis wann eigentlich?
Keine Ahnung, wann genau das war.

Jedenfalls kam ich eines schönen Sommertages mit meinem Rad nach Hause bis vor die Haustür gefahren. Ich wollte nur kurz aufschließen, um dann mein Fahrrad in den Keller zu bringen. Sicher ist sicher.

Da kam plötzlich vom hinteren Teil unseres Hauses, eben genau aus der grünen Oase, ein wildfremder Mann um die Ecke. Er zog sich noch im Gehen den Reißverschluss seiner Hose hoch. Ja, hoch. Und nicht runter. Gott sei Dank.
Ja, aber was sollte das? Ich war völlig irritiert wegen des Anblicks, der sich mir da bot und ich starrte den Mann mit offenem Mund hinterher, wie er unser Grundstück verließ. Keiner von uns hatte auch nur ein Wort gesagt. Stumm war er an mir vorbeimarschiert.

Ich brauchte s e h r lange bis mir klar wurde, was er da hinten wohl gemacht hatte…. Igittigitt ey! Sowas ekliges! Ich glaube wohl, es hackt, ey!
Wo sind wir den hier?
Und, wenn ihr jetzt antwortet: „Na, in der bronxx, was hast Du denn gedacht?!“ Dann habt ihr verdammt nochmal recht. Trotzdem ist es widerlich!

Ich habe dann letztendlich noch länger gebraucht, bis ich meinen Nachbarn davon erzählt habe, was an ihren Obst- und Gemüsetöpfen passiert. Wenn sie die nicht selbst gießen und so… (Anmerkung meines Sohnes soeben beim lauten Vorlesen: „Das haben die bis dahin bestimmt schon gegessen.“)
Sie waren genauso schockiert wie ich. Und kurz war wohl auch die Überlegung da, den Hinterhausschrebergarten einzustampfen. Doch, sie entschieden sich dafür, zwei bis drei Töpfe am Anfang der Hausecke aufzustellen. Sozusagen als Pisspötte eben. In der Hoffnung, dass die Fremdlinge nur dahinein zielten, wenn sie uns beehrten.


Aber, hier wäre nicht die bronxx, wenn es nicht noch eine ganz andere und bessere Lösung in unserem Viertel gäbe: einige Wochen nach dieser Aktion baute die Stadt Braunschweig ein Pissoir auf den Platz  beim Kiosk. Da, wo sich die meisten Menschen treffen, deren Bierkonsum ruckzuck die Blase füllt. Jetzt haben sie es richtig gut. Sie gehen nur noch knapp eine Minute bis zur Erlösung.
Und unser Garten bleibt sauber. Jedenfalls wachsen die Tomaten, die Erdbeeren, der Spinat, der Apfel, die Paprika und die Kräuter auch hervorragend OHNE Dünger auf.
Geht doch!




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