Donnerstag, 14. September 2017

Woll-Lust

So, vorhin komme ich auffem Rad wieder mal im Feierabend-Verkehr nach Hause gedüst und muss wie immer am Volksbrausebad vorbei. Die alten bronxx-blog-Profis unter Euch erinnern sich vielleicht: da, wo der Stripper am Fenster stand. Jedenfalls da inner Nähe an der Ecke.
Und da ist auch die Ferdinandbrücke. Kurz vor der Brücke stehen ein paar Poller. Ich muss da immer durchheizen. So auch heute. Und, was sehe ich da beim Vorbeifahren? Zwei der Poller waren eingehäkelt. Tatsächlich. Ich bin habe extra das Tempo gedrosselt und mich nochmal umgedreht zu den Wolltürmen da im Asphalt.

Schön im Ringellook standen se da, de einstigen grünen Metallpoller. Jetzt mit Stäbchenmaschen eingehüllt, hübsch bunt, abwechselnd zwei bis vier Reihen rosa, dunkelblau und irgendwie so lila Wolle. Lustig. Flauschig wohlige Verkehrshindernisse im Pippi-Langstunpf-Kostüm. Schon fast aberwitzig und weniger bedrohlich ragen sie dort von der Straße aus hinein in die Welt. 
In Berlin sieht man das einmal öfter als hier, da heißt das dann auch gleich mal richtig schick: urban art. Ausgesprochen wird es in etwa so: örben art. Und bedeuten tut es ganz einfach nur das: städtische Kunst.

Ich finde das irgendwie total niedlich und witzig und erfreue mich gerne an solchem Zeugs. Noch lustiger finde ich es jedoch, darüber mal nachzudenken, wie die Teile dahin gekommen sein könnten. Also, hat der Künstler oder die Künstlerin sich da inne Nacht mit de Häkelnadel und den Wollresten vonne Omma an den Poller gesetzt, Luftmaschen angeschlagen und dann gib ihm? Oder einfach an einem lauen Tag bei Sonnenlicht Maß genommen und dann zuhause die Finger wundgeknöpert und dann wieder zurück und mal eben drübbergezuppelt, in der Hoffnung, das alles passt, wackelt und Luft hat...

Und, wer kommt auf solche Ideen? Und, wer macht sowas überhaupt? Ältere Damen, die vom letzten Enkel-Pullunder noch Reste übrig hatten? Schulkinder, bei denen der Handarbeitsunterricht bleibende Spuren hinterlassen hat? Emanzipierte junge Männer, die Umweltschutzaktivisten-Vereinigungen entstammen und alles irgendwie einwickeln müssen? Frustrierte Frauen, die lieber stricken äh häkeln statt Rad fahren müssen? Wollfachverkäuferinnen auf Werbetour?





Wer weiß... ich war es jedenfalls nicht, obwohl ich Mützen häkeln und Socken stricken kann - jaha! Ganz echt jetzt mal.

Auf jeden Fall haben wir im WRG jetzt auch mal sowas wie in Berlin schon lange in, hipp und tofte und so ist. Ätsch man, wir sind hier eben doch ganz schön cool und in Sachen Kunst ziemlich nah am Puls der Zeit. Klein-Berlin inne bronxx... Also, was wollen wa mehr?!