Donnerstag, 24. September 2015

Hinterm Horizont geht’s weiter – Udo Lindenberg-Gedächtnis-Nacht



In der bronxx wird grundsätzlich viel gefeiert und laut ist es auch immer irgendwie. Das muss so. Besonders zwischen 1:00 und 4:00 Uhr in der Nacht.
Als ich vor 6 Jahren hier herzog, war jedes Wochenende Party. Einmal gegenüber vom Wohnzimmerfenster. Und einmal gegenüber von meiner Küche. Immer im Wechsel.
Und das Ganze ging dann immer und wirklich immer bis in die späten Morgenstunden. Bis andere aufstehen oder das erste Mal über das Aufstehen nachdenken. Also die, die nicht gefeiert haben…

Diesmal war wieder die Straßenseite dran, die ich von meinem Küchenfenster aus hören konnte. Es war Sonntag 10:00 Uhr und ich musste bald los zur Spätschicht. Ich ging durch meine Küche ins Bad und hörte Udo-Lindenberg-Musik. Wie auch schon die ganze Nacht über. Ich war ein paar Mal wach und hörte mich so gezwungenermaßen durch alle alten Udo-Songs durch.
Und ich kannte die Titel ja auch alle von damals.
Die da draußen auch. Sie gröhlten alle mit. Laut wie immer.

Ich machte weiter im Bad, föhnte mir die Haare und bereitete mich auf meinen Job vor. Udo sang und sang. Und sein Background-Chor ebenso.Das waren die, die schräg gegenüber ganz unten in der WG wohnten. Fünf oder sechs Typen, die abends öfter im gemeinsamen Wohnzimmer bei viel Bier und weit offenen Fenstern den Abend ausklingen ließen.
Zusammen mit Udo hatten sie heute die Nacht durchgemacht.

„Hinterm Horizont geht’s weiter.“


Als das Lied durch war, wurde es abrupt still von drüben unten. Udo und sein Orchester waren verstummt…  „Puh, geschafft. Jetzt sind se alle mit dem Kopp auf den Tisch gefallen und schlafen“, dachte ich. Super. Ruhe.

Leider nicht. Die Typen fingen an zu diskutieren. Mit dreiacht auf dem Kessel. Ich hatte echt Mühe, sie zu verstehen. Gesang und Bier, das versteht man hier. Alles andere wird schwer. Die gelallten Wortfetzen musste ich mir mühsam zusammensortieren.
Nach ein paar Minuten hatte ich es dann: Einer der WGler war offensichtlich an dem Text von Udos letztem Song abgek…t. Na, ja, verzweifelt. Das war zuviel für seinen Zustand. Bier und Gefühle, keine gute Idee hier in der bronxx.

Seine Kumpels bauten ihn tröstend wieder auf und schmetterten dabei im Bierausdunst verschworene Parolen auf den verklebten Wohnzimmertisch: „Ey, komm, reiß Dich zusammen. Alter, das schaffste. Wir sind ja auch noch da.“

Okay, das klang nach Liebeskummer oder Weltschmerz oder so. Und sie trösteten ihn. „Irgendwie auch süß“, fand ich. So ehrlich. So fürsorglich. So kumpelig. Und doch so im Suff. So richtig in echt bronxx eben.

Nach ein paar Minuten trat dann Udo wieder ans Mikro. Nur, das eine schlimme Lied durfte er nicht mehr singen. Das kam ja nicht so gut. Man passt eben auf auf seine Leute.


Und es geht immer weiter. Auch hinter dem Horizont hier in der bronxx.
Entweder mit Udo oder eben ohne Udo. Oder mit Alk oder mit der nächsten
Party. Immer weiter…


 

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