Montag, 4. November 2019

MESSiAS

Als ich die Wohnungstür aufschließe, kommt mir sofort ein halblautes, singsangartiges Geräusch entgegen: tüdelüt. Kaum habe ich meinen Flur betreten, wiederholt er sich auch schon. Dieser melodiöse Klang, der aus der Küche kommt. Etwa 'nen Halbton unter Scannerkasse und 'ne Oktave höher als das Alarmgeräusch irgendeines technischen Gerätes, was dem Nutzer signalisieren soll: kümmerst Du Dich nicht, bombardiere ich Dir binnen der nächsten 20 Minuten Deine gesamte Existenz.
Dennoch bleibe ich ruhig, schaue in das grinsende Gesicht meines Sohnes und auf den großen dunklen Metallkoffer und die schwarze längliche Tasche in meinem Flur. Dieses Equipment kenne ich nur zu gut von Profifotografen. Nur, was macht das hier in meinem Flur, wenn ich eigentlich eine neue Küche will?

Ich stecke meinen Kopf durch die Küchentür - tüdelüt, denn es hat nicht aufgehört in der Zwischenzeit - und begrüße Herrn E. Er und sein Gerät sprechen und singen zurück.
Auf einem Objektiv ist eine Art smartphonähnlicher Apparat installiert, eine Mischung aus großtastigem Seniorentelefon und Hightech-Taschenrechner. Ich trete näher und endlich gibt die kleine hirnerwichende Geräuschkulisse mal einen Moment Ruhe. Herr E. fuchtelt derweil an seinem Tablet herum, verteilt kleine Klebchen an undefinierbaren Stellen in meiner Küche und dann geht es weiter mit dem Tüdelüt.

Der technisch versierte Leser unter Euch- ja und sorry auch wohl die Leserin, außer mir mal wieder - wird sofort erfasst haben, was hier heute in DER Küche des WRGs von Statten geht: Messe machen. Raufaufmaß deluxe mit Laser in 3D.
Na, ja, ich hatte das ja auch bestellt beim großen schwedischen Möbelhaus.  Vor ein paar Wochen schon und ich musste geduldig sein. Denn, nachdem ich 2 Tage lang aus der telefonischen Warteschleife der blaugelb Beflaggten rausgeflogen bin, hatte ich am dritten Tag Glück: "Sie sind an Position 32." Ihr kennt das, dann geht die Odyssee los. Pipi machen, Zähne putzen usw., alles unter den Lautsprecherargusansagen der Service-Hotline und schließlich an der Bushalte das finale Happy-ending mit Martina W., die mir endlich den Aufmaßtermin machen konnte. Und wie sollte es hier auch anders sein:" Halten Sie sich an diesem Tag zwischen 8 und 16 Uhr bereit."

Ja, nee, is klar. Ich konnte das Zeitfenster schlussendlich noch einreduzieren und dann war er da, der Tag, der Termin und auch Herr E. Und sein viereckiges Quadratdingens singsangte sich in meiner Küche fast zu Tode. Altbau, nachträglich eingebautes Bad, schlauchiges Ambiente, Ecken und Kanten, verdeckte Steckdosen und Röhriche, wohin das Auge auch blickt. Aber der Techniker blieb tapfer und seine Technik auch. Nach gut 45 Minuten präsentierte er mir stolz das Ergebnis auffem Tablet. Housefrauendancefloor in 3D. Diesmal nur ohne Sound. DJ MessiAs war glücklich und ich auch.
Die Daten landen nach Berechnung in wenigen Tagen beim Schweden und dann kann ich dahin und mein kitchen pimpen.
Ich werde berichten, versprochen... tüdelüt!

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