Donnerstag, 10. Oktober 2019

Peter, la Fontaine

Und es war Sommer. Und er lag in seinem Schlafzimmer unter einer leichten Decke und schlief. Es war warm, ja heiß, selbst unter dem hauchdünnen Laken, das seinen Körper nur mäßig bedeckte. Das Fenster war geöffnet und erfüllte den stickigen Raum wenigstens ein bißchen mit frischer Luft.
Es war ein heißer Sommer in diesem Jahr und das Fenster hin zur Straße hatte all' die Tage nicht wirklich für Abkühlung sorgen können. Das Einschlafen war ihm schwergefallen, F. schwitzte und es dauerte lange, bis er sich halbwegs in den Schlaf gewälzt und die Müdigkeit ihn endgültig übermannt hatte.
Inmitten der Nacht wurde er wieder wach. Ein Geräusch drang an sein Ohr und weckte ihn auf. Nein, es war keine Mücke und auch nicht die Autotür eines unbedachten Spätheimkömmlings. Es war eher so ein Plätschern, wie ein Wasserstrahl. Kein richtig intensiver, aber dennoch etwas unüberhörbar Feuchtes. F. wurde langsam wach und wacher und sich dessen gewahr, dass das Geräusch nicht aus der Küche oder dem Bad kam sondern sich von draußen durch das offene Fenster den Weg an sein Ohr bahnte. Nun packte ihn die Neugier und der helle Mond wies ihm den Weg zum Fenster, auf das er sich langsam zubewegte. Die Umrisse einer menschlichen Gestalt zeichneten sich da draußen auf dem Bürgersteig ab und dieses Bild nahm an Schärfe zu, je näher er seinem Fenster kam. Richtig, dort draußen stand ein Mann, gut 1,80 m hoch, mit dem Rücken zu ihm gewandt, die Hände vor dem Unterleib haltend. Was sie da taten konnte er nicht sehen, aber der Wasserstrahl, der sich den Weg aus der Körperregion plätschernd in Richtung Straße bahnte, war nicht zu übersehen.
Er traut seinen Augen nicht, in der hellichten Nacht entleerte jemand ungehemmt und ungeschützt seine Blase. Die Fontäne schien unerschöpflich der Quelle zu entspringen und der Wasserwerfer schien seiner Sache auch irgendwie nicht müde zu werden.
F. war sauer, weil er nun richtig wach war und das alles wegen so eines Kerls da draußen. Er trat wütend ans Fenster und fuhr den Wassermann harsch von hinten an: "Ey, Stück Klopapier dazu?". Der Besprochene drehte sich um, F. hoffte inständig, dass die Bewegung nur soweit reichen würde, wie es seine erwachten Augen eben gerade ertragen konnten. Peter, la Fontaine hatte sichtlich Mühe bei der Wortfindung und stammelte zurück: "Wa, wa, wa, was wi..st Du von mir, hä? Ich muss ma pisssen un un und jetz' lass mich, ich ha ha hab zu tun. Siehsse doch. Hau ab, Alter!" 
Sein Springbrunnen plätscherte derweil weiter und er wandte sich diesem wieder voller Aufmerksamkeit mit Aug' und Hand' zu. Denn, er hatte ja zu tun und wie konnte F. ihn dabei stören. Und schon gar nicht mitten in der Nacht....
Und er gab sein Bestes. Natürlich. Er richtete seine Mission, trotz der widrigen Umstände, zielsicher und frontal auf den roten Hydranten, der sich am Randes des Bürgersteiges befand und ließ ihm keine Wahl. Er bekam sein Wasser, auf jeden Fall. Das ist wichtig. Oberste Bürgerpflicht sozusagen. Und er, seines Zeichens, Peter, la Fontaine, fühlte, dass es allein sein Auftrag war, diese Mission zu erfüllen. Komme, was und wer da wolle. 
Er war der Held, der wahre und einzige, der rettende Wasserspender für durstige Hydranten... hier, bei ihm inner bronxx!

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