Freitag, 29. März 2019

Der plüschige Einlauftempel von nebenan

Wenn man etwas von der Welt sehen will, dann muss man ab und zu auch mal den Hintern hochkriegen und sich auch mal außerhalb der eigenen vier Wände und des eigenen Viertels bewegen. Immer nur das eigene Viertel sehen, das macht einen ja auf Dauer auch ganz schön dösig im Kopf. 

Aber warum schreibe ich das alles? Bei meinen Streifzügen habe ich etwas entdeckt, das ich euch einfach nicht vorenthalten möchte und streng genommen ist das auch gar nicht mehr in unserer geliebten bronxx, sondern außerhalb vom WRG. Ok, nur knapp außerhalb, nur einmal fix über die Straße, aber trotzdem.

Auf der Celler Straße stadteinwärts, Ecke Amalienplatz da war mal lange Zeit ein Kiosk und danach dann ein Fahrrad-Reparaturladen, bis vor gar nicht allzu langer Zeit jedenfalls. Und ich dachte, der wäre da immer noch. Mein Fahrrad hatte mal wieder eine gründliche Überprüfung nötig und ich wollte das Leuten überlassen, die auch etwas davon verstehen und sich dabei nicht die Finger brechen. Nun stand ich da vor der Tür und ... Pustekuchen!
Wie eine Reparaturbude sah das hier nicht mehr aus. Aber wo war ich hier? Alles weiß und hell getüncht, fisselige Bänkchen und Figürchen vor der Tür und dahinter baumelte ein Kronleuchter wie beim Wiener Opernball von der Decke. Herrjemine, eigentlich wollte ich ja nur mein Fahrrad wieder aufhübschen lassen und nicht mich. Auf den ersten Blick sah das alles aus, wie man sich eine Praxis zur kosmetischen Optimierung in Düsseldorf, Monaco oder anderen Schickimicki-Orten so vorstellt. Die Piercing-Bude für Zahnarztgattinnen sozusagen. Ich stand vor der "Privatarztpraxis Helga Eckmann"(*Schnipps-Schnipps* Herr Blogger Bürger M., ich weiß was! - Ja, mein ortskundiges Lesefüchsen, ich weiß auch, dass die Privatarztpraxisfrau ein bisschen anders heißt, aber von wegen Datenschutz und so. Du weißt schon, nicht wahr?)
Meine Neugier war geweckt. Donnerlüttchen, jetzt schauste aber mal, sagte ich mir. Ich schaue und laufe da so ein bisschen um das Haus herum und komme aus dem Staunen kaum noch raus. Am Haus und um das Haus drumherum hängen sieben(sieben!) Schilder die einem sagen, wo man hier steht, vor der Privatarztpraxis. Und wenn man es sofort wieder vergessen hat, dann steht es zehn Meter weiter auf dem nächsten Schild nochmal, Privatarztpraxis. Für mich als AOK-Kunden ist ja ein Privatarzt genauso exotisch und unerreichbar wie ein Astronaut oder Elvis. Und jetzt stehe ich hier und wundere mich. Ein Detail fällt mich nämlich jetzt erst ins Auge. Vor der Tür steht doch tatsächlich eine Kutsche. So ´ne schnörkelige Romantik-Kutsche wie man sie aus Filmen oder so kennt. Und die gehört tatsächlich zur Praxis, denn auf der Kutsche steht auch ... ja, ihr wisst schon. An der Tür zur Praxis findet sich unter den Kontaktdaten auch eine Notfallnummer. Aha, jetzt verstehe ich. Wenn ich da anrufe, dann kommt Frau Privatarztpraxis mit der Kutsche angetrappelt. Aber wo sind die Pferde dazu? Das Einkaufszentrum gegenüber heißt zwar "Weißes Ross" aber Gäule habe ich da noch keine gesehen. Und zu guter Letzt hängen im Baum vor der Eingangstür auch noch klimperige Glitzerkugeln. Ok, genug gesehen. 
Abends zuhause wollte ich es denn dann doch nochmal wissen und habe die Suchmaschine meines Vertrauens mit dem Namen von Frau Privatarztpraxis gefüttert. Und, was soll ich sagen .... ach, schaut einfach selber. 
Ich will mir jetzt auch kein Urteil darüber erlauben, ob die dort feilgebotenen Leistungen gut, schlecht oder sonstwie zielführend sind, es hat mich schlussendlich nur erstaunt, so einen Tempel der Ganzheitlichkeit hier direkt in der Nachbarschaft zu finden. So lange kann die an Ort und Stelle auch noch nicht sein, mal schauen, ob sich das hält. Ich werde das beobachten. 

Soll ja niemand sagen, das nicht für alle medizinischen Belange und Wünsche etwas dabei wäre hier bei uns am Rande der bronxx ...

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