Donnerstag, 26. November 2015

Zeugenschutzprogramm



Wenn es bei uns an der Tür klingelt, gibt es eigentlich nur 4 Möglichkeiten: meine Nachbarn von oben, mein Nachbar aus der Mitte, angemeldeter Besuch oder der DHL-Bote mit einem Paket für die Nachbarin von nebenan.
So ist das hier, wenn die Klingel sich tagsüber bemerkbar macht.
Über die Nummer mit der Bimmelei in der Nacht haben wir Euch ja unlängst berichtet.

Und dann neulich am Sonntagvormittag zu so’ner Uhrzeit, wo eigentlich gar keiner klingeln dürfte, weil: DHL hat frei, Nachbarn schlafen noch oder machen in family. Wir machten auch in family, d.h. ich spielte mit meinem Sohn in seinem Zimmer. Er liebt Ballspiele, ich aber weniger. Aber als Mutter und so, ihr wisst schon, ich hatte mich da dann doch dazu hinreißen lassen.

Wir spielten also Ball und es klingelte. Ich habe mich sehr erschrocken, denn der Sonntagsuzzellook erlaubt keinen Überraschungsbesuch – niemals erlaubt er das. Das wäre fatal für alle Beteiligten.
Ich gehe zur Gegensprechanlage – ja, dieses Mal benutzte ich sie tatsächlich VOR dem bloßen Öffnen der Tür – natürlich wegen des Gammellooks und so…
„Hallo?!“, fragte ich in den Hörer der Anlage.
„Guten Tag, mein Name ist Wanda Burger“, tönte es mir entgegen. Ich überlege kurz, ob ich diese Frau irgendwo her kenne. Nö.
„Wie geht es ihnen?“,  wollte sie wissen.
Oh, Wanda wollte quatschen und lieb sein. Doch, was will sie wirklich von mir?
Ich werde ungeduldig… Gespräche à la Telefonat über Gegensprechanlage bedeuteten nichts Gutes irgendwie.

„Hören sie, ich habe keine Zeit jetzt. Was möchten sie von mir?“, setzte ich Wanda verbal die Pistole auf die Brust. Sie blieb weiterhin freundlich und sagte: “Ich möchte mit ihnen über Gott reden.“

Oh, nee, ey, Zeugen Jehovas, dachte ich leise bei mir. Was haben ausgerechnet die hier in der bronxx verloren?
Gottesprediger im Trenchcoat und mit Handtasche am Armgelenk mit Perlenkette in der bronxx.
„Und ich möchte das nicht“, blaffte ich sie an.
Wanda war gut erzogen und der Herrgott würde bestimmt auch richtig böse mit ihr sein, wenn nicht…

„Glauben sie nicht an Gott?“, fragte sie zuckersüß zurück.
Die machten mich wahnsinnig. Ausgerechnet im sozialen Brennpunkt zog diese Dauer-Gut-Drauf-Karawane umher, wachte über ihren Turm und wollte hier über Gott diskutieren. Bier, Drogerien, Fußball, Kampfhunde und Udo Lindenberg, kein Thema. Aber doch nicht Jesus, Lattenjupp und der Heilige Bimbam.
Ich gab schließlich auf: “Nein.“

Hilfe, ich kam aus der Nummer mit ihr nicht mehr raus. Die würden Millionen Argumente finden und ich stünde heute Abend noch am Hörer. Obwohl, ich könnte sie noch bitten und sie dann dazu bringen, mit meinem Sohn weiter Ball zu spielen. Dann hätte ich Ruhe, keine Diskussionen über Gott, schön auf dem Sofa relaxen, Kind wäre beschäftigt…
Herrlich, wozu so’n bisschen Glaube doch gut wäre…

Na, ja, ich ließ dann Wanda und ihre Kaffeedamen doch unten, verabschiedete mich höflich und spielte selber wieder Ball …
Mein Sohn und ich lachen noch heute über meinen Plan.
Eines Tages werden wir sie dazu verdonnern… Das schwöre ich bei Gott…