Zur unschönen Seite einer Wohngemeinschaft gehört ja auch das
stetige Kommen und Gehen von Mitbewohnerinnen und Mitbewohnern. In
unserer Dreier-WG hatten wir das ungefähr alle sechs bis neun Monate.
Und nun war es mal wieder der Fall. Geschwind einen Aushang mit
Abrisszetteln in der Uni und der HBK gemacht(ja, erwischt, die
Geschichte spielt in der Zeit VOR dem Internet) und auf Anrufe warten,
interessierte Kandidaten einladen und hoffen, dass die auch
erscheinen.
Es war leider eine ungünstige Zeit mitten im Semester und es meldete sich keiner. Wir hatten uns schon damit abgefunden die Miete zu halbieren statt zu dritteln. Dann klingelte das Telefon. Kerstin.
Es war leider eine ungünstige Zeit mitten im Semester und es meldete sich keiner. Wir hatten uns schon damit abgefunden die Miete zu halbieren statt zu dritteln. Dann klingelte das Telefon. Kerstin.
Kerstin kam spontan vorbei, sie war lustig und nicht auf den Mund
gefallen und schien gut zu uns zu passen. Bingo! Eine Woche später zog
sie ein. Und ab diesem Moment sprach sie nicht mehr mit uns. Sie
verstummte, verrammelte sich in ihrem Zimmer und mied uns wo es nur ging.
So lief das zwei, drei Wochen. Dann auf einmal: "Am Samstag kommt der
Schorsch vorbei, das ist mein Freund. Habt ihr etwas dagegen?". Leicht
geschockt von der wiedererwachten Kommunikationskanone stammelten wir
nur "Öööh, nööö, passt schon.".
Samstagnachmittag, es klingelt. "Hallo, hier ist der Schorsch. Ich
will zur Kerstin." quäkte es aus der Gegensprechanlage. Schorsch stapfte
in den Flur, Kerstins Zimmertür ging auf und man hörte nur ihre Stimme.
"Hier! Komm rein!". Er ging in ihr Zimmer, die Tür ging zu und wir
schauten uns leicht irritiert an und machten weiter mit unserem Kram.
Eine Viertelstunde später: Geräusche. Sehr eindeutige und laute
Geräusche. Diese Art Geräusche bei denen man sich fragt "Na, was machen die
denn da?", obwohl man natürlich ganz genau weiß, was die da machen. Und
es steigerte und steigerte sich. Man hörte nur Kerstin wie sie sich
immer mehr reinsteigerte, ähnlich einer Operndiva kurz vor dem großen
Finale. Und das Finale kam. Man hörte einen infernalischen Brunftschrei
als ginge es darum eine internationale Hirschruf-Meisterschaft zu
gewinnen. Wir standen im Flur und waren uns sicher, gleich kommt Kurt
Felix aus dem Garderobenschrank(für die Jüngeren unter uns, das war der
Moderator von "Verstehen Sie Spaß?"). Dann war Stille. Kerstins
Zimmertür ging auf und Kerstin stand vor uns. Sie trug Stiefel,
kniehoch, schwarz glänzend und mit sehr hohen, sehr dünnen Absätzen und
sonst nichts. Gar nichts. Sie stand vor uns und redete und redete, wie
ein Wasserfall. Und lief dabei wie aufgescheucht durch die Wohnung als
würde sie etwas suchen. Dann stellte sie sich wieder vor uns als wäre
sie gerade vom Einkauf gekommen oder hätte die Hauswoche gemacht, so als
ob nichts passiert wäre. Mein Mitbewohner stupste mich an und gab mir
durch Augenrollen zu verstehen, dass da noch etwas ist. Kerstin hatte da
etwas im Gesicht. Und da die beiden sich sicherlich nicht gegenseitig
mit Buttermilch gefüttert hatten, konnte man es sich ja denken. Und
Kerstin tänzelte immer noch vor uns herum und erzählte. (Ja, liebe
Leser, genauso so wie ihr gerade, haben wir auch geschaut!). "Komm her!"
rief Schorsch sehr dominant aus ihrem Zimmer. Kerstin lief in ihr
Zimmer, knallte die Tür zu und weiter ging es. Eine neue Runde, eine
neue Wahnsinnsfahrt ...
Am Abend, von Schorsch war nichts mehr zu hören oder zu sehen,
verstummte Kerstin wieder und wurde wieder zum Phantom. Zwei oder drei
Wochen später wurde uns Schorsch erneut angekündigt. Das Ereignis
wiederholte sich noch zwei Mal und auf einmal zog Kerstin in einer
Nacht-und-Nebel-Aktion aus. Die Miete für drei Monate hatte sie
kommentarlos und in bar auf den Küchentisch gelegt. Weder von ihr, noch
von Schorsch haben wir je wieder etwas gehört. Und kurz darauf zog Karin
bei uns ein, aber das ist eine ganz andere Geschichte.
Ja, so war das damals in der Wohngemeinschaft direkt gegenüber von Peters Autoservice hier bei uns in der bronxx …
(Die Namen wurden allesamt angepasst wg. Privatsphäre und so, ihr wisst ja …)
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen